Umbau als Chance
von Felix Brem

Umbau als Chance – Replik auf den Gastkommentar „Sinn und Unsinn der Kleeblattreform“ von Prof. Peter V. Kunz

Professor Peter V. Kunz hinterfragt in seinem Kommentar den Umbau der Finanzmarktregulierung. Er bemängelt, dass die mit der Kleeblattreform beabsichtigte Abkehr von der vertikalen hin zur horizontalen Regulierung konzeptionell nicht durchdacht ist oder zumindest nicht ausreichend diskutiert wurde. Professor Kunz fordert nicht gerade den „Übungsabbruch“, so doch ein gestaffeltes Vorgehen, um Rechtsunsicherheiten vorzubeugen. Ähnlich, wenn auch noch ablehnender, argumentieren auch andere Vertreter des Finanzplatzes. Deren Forderungen reichen hin bis zur Fundamentalopposition:

Der laufende Umbau bedeute das Ende des Finanzplatzes, sei ein weiterer Beweis für das Diktat aus Brüssel und sei rechtsstaatlich nicht vertretbar, so die oft gehörte Argumentation. Diese Kritik blendet aus, dass die Schweiz einem internationalen Trend folgt. Diesem sich zu widersetzen, hält davon ab, den Finanzplatz Schweiz wie auch die eigenen Geschäftsmodelle auf die Zukunft auszurichten und damit international wettbewerbsfähig zu bleiben.

Für die  Zukunft rüsten statt die Vergangenheit betrauern

Die Umgestaltung der Finanzmarktregulierung wird insbesondere in den USA und der EU vorangetrieben. Die Antizipation durch die Schweiz ist keine Unterordnung, sondern die Akzeptanz, dass die internationale Nivellierung der Finanzmarktregulierung unumgänglich ist. Wer im Abseits steht, wird es in Fragen des Marktzugangs künftig schwer haben. Die Schweiz, als international vernetztes Land mit einem Finanzplatz von globaler Bedeutung, kann gar nicht anders, als mitzuziehen. Das Crossborder-Geschäft war und ist für die Schweiz, trotz Steuerstreit und der faktischen Aufgabe des Bankgeheimnisses, nach wie vor von eminenter Bedeutung. Zu versuchen, internationale Trends schlicht zu ignorieren, ist deshalb gefährlich.

Wir sollten deshalb unsere Perspektive verändern, die retrospektiv und möglicherweise von Besitzstandsdenken geprägt ist. Der laufende Gesetzgebungsprozess zur systemischen Regulierung des Schweizer Finanzplatzes sollte von allen Marktakteuren als Möglichkeit wahrgenommen werden, die Weichen für die Zukunft des eigenen Geschäftsmodells rechtzeitig zu stellen. Die Chancen überwiegen klar die mit den Reformen verbundenen Risiken. Es eröffnen sich Möglichkeiten, sich mit neuen, innovativen Geschäftsmodellen gegen die Konkurrenz durchzusetzen und sich gegenüber dem Kunden als vorausschauendes Unternehmen zu positionieren. Gleiche Spielregeln kommen schliesslich jenen Finanzdienstleister zu Gute, die sich über Kompetenz, Qualität und Effizienz profilieren. Wettbewerbsvorteile, die auf regulatorischen Unebenheiten basieren, stellen hingegen keine langfristige Basis für Erfolg dar.

Wer vermag, Unausweichliches zu antizipieren, ändert seine Verteidigungshaltung und geht dazu über, konstruktiv über den Wandel nachzudenken und sich zu überlegen, wie der Finanzplatz Schweiz fit für die Zukunft gemacht werden kann. Traditionelle Stärken wie Unabhängigkeit, Transparenz und Kompetenz werden auch in Zukunft dafür sorgen, dass Private als auch Unternehmen sich für den Schweizer Finanzplatz entscheiden werden. Die herausragende Stellung des Finanzplatzes Schweiz wird bestehen bleiben – jedoch nicht auf der regulatorischen Ebene, sondern über eine langfristig ausgerichtete Positionierung entlang von Dimensionen wie Stabilität, Weltoffenheit, Exzellenz der Dienstleistungen, Service- und Produktequalität, Ausbildung usw. 

Nicht das Ende des Finanzplatzes

Bei den Diskussionen um Fidleg, Finfrag und Finig  geht es vielfach mehr um die Angst vor der Zukunft als die wirklichen Einschränkungen, die die neuen Gesetze mit sich bringen können. Das zeigt auch der Blick ins Ausland: Ein ähnlicher Prozess wie die Schweiz hat unser Nachbarland Deutschland bei den Reformen zu MiFid I und den erst kürzlich in Kraft getretenen Anlegerschutzgesetzen bereits durchlaufen. Die Erfahrungen aus Deutschland zeigen, dass sich bei allen Marktakteuren Qualitätsaspekte durchsetzen. Prozessuale Veränderungen als Folge der neuen Gesetze lassen sich mit einer leistungsfähigen Informationstechnologie – massgeschneidert auf die Bedürfnisse der jeweiligen Akteure – in den Griff bekommen. Die hierfür notwendigen Lösungen stehen bereit. Höhere Kosten werden schnell durch neue Systemangebote und Skaleneffekte abgefedert.

Der regulatorische Wandel ist nicht mehr aufzuhalten. Mit einer pragmatischen Einstellung und Zurückbesinnung auf alte Stärken wird die Schweiz aus den Reformen gestärkt und mit einer nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit für die anstehenden Herausforderungen globaler Finanzdienstleistungen hervorgehen. Totalopposition hingegen bringt den Finanzplatz nicht weiter und gefährdet langfristig seine Wettbewerbsfähigkeit.

Felix Brem, CEO Reuss Private Group

Meinungungsbeitrag in der NZZ (pdf)

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