Unabhängige Vermögensverwalter trotzen dem Sturm
von
Felix Brem
Felix Brem, CEO der Reuss Private Group, über die Zukunft der Vermögensverwalter in der Schweiz.
Oft genug wird in Finanzkreisen das Ende der unabhängigen Vermögensverwalter heraufbeschworen. Dabei strotzt die Branche nur so vor Selbstvertrauen, wie Recherchen von finews.ch zeigen.
Am Zürcher Bankenplatz, wo praktisch jeder jeden kennt, war dies im vergangenen Oktober der «Talk of the Town»: Wie gelang es dem Vermögensverwalter Wergen & Partner, der Integration in die Privatbank Julius Bär zu entgehen?
Danach hatte es nämlich zunächst gar nicht ausgesehen. Anfang Jahr hatte die Bank Julius Bär die Firma Wergen & Partner gekauft, um sie der Vermögensverwaltungs-Tochter WMPartners einzuverleiben. Doch dann geriet WMPartners selber ins Rutschen.
In einer radikalen Kehrtwende zur bisherigen Strategie beschlossen dann die «Bären» im vergangenen Juni, ihre Tochter vollständig zu integrieren. So geschah es: Der Name verschwand, Kunden und Berater wechseln bis Ende Jahr unter das Dach des Mutterhauses.
Wergen & Partner mucken auf
Doch ausgerechnet die kleine Wergen entrann dem Schicksal von WMPartners. Sie darf weiter unter eigener Marke geschäften. Wie war das möglich?
Unter Kennern der Vorgänge heisst es, die Wergen-Lenker hätten Julius Bär mit der Abwanderung von Kunden und Personal gedroht. Dass sie damit bei einer Bluechip-Bank wie Julius Bär durchdrangen, spricht Bände über den Konkurrenzdruck im Swiss Private Banking.
Genauso gut lässt sich der erfolgreiche Unabhängigkeitskampf von Wergen & Partner aber auch als Zeichen eines neu erstarkten Selbstbewusstseins unter den unabhängigen Vermögensverwaltern deuten.
Überdurchschnittliche Performance?
Auch das kommt unerwartet. Schliesslich wird den Schweizer Finanz-KMU seit der Finanzkrise von 2008 notorisch das Aus vorhergesagt. Für Totgesagte sind die Unabhängigen allerdings erstaunlich lebendig. Schätzungen zufolge verwalten rund 2’500 Einzelfirmen in der Schweiz Gesamtvermögen von 400 Milliarden Franken.
Wie solide, das zeigt eine Umfrage unter 100 unabhängigen Vermögensverwaltern, welche die Credit Suisse im vergangenen Sommer publizierte: Über die Hälfte der Befragten war damals der Meinung, beim Ertragswachstum, bei der Profitabilität und der Performance der Kundenvermögen in den vergangenen drei Jahren überdurchschnittlich gut abgeschnitten zu haben. Aussterben geht anders.
Verdopplung bei Aquila
Wie zuversichtlich die Unabhängigen derzeit sind, zeigt sich auch an dem, was aus der Branche an die Öffentlichkeit dringt. Max Cotting, Chef der grössten Schweizer Vermögensverwalter-Plattform Aquila,sagte jüngst gegenüber finews.ch, er wolle die Anzahl Partnerfirmen verdoppeln.
Die Zürcher Firma Fisch Asset Management hat unlängst die Schallmauer von 10 Milliarden Franken verwalteter Vermögen durchbrochen und spielt damit in der Liga der mittelgrossen Anbieter. Über Ausbauschritte informierte dieser Tage auch Limmat Wealth, während Clarus Capital gleich ein ganzes Team an Russland-Beratern von der UBS abwarb; die ebenfalls zürcherische Bellecapital macht seit einigen Monaten regelmässig mit gewichtigen Personalzugängen von sich reden. Insofern verfügt die Branche über einige Anziehungskraft.
Fidleg und Finig am Horizont
«Tatsächlich ist heute praktisch jeder grössere Player daran interessiert, akquisitorisch zu wachsen», erklärt Felix Brem gegenüber finews.ch die Aufbruchsstimmung. Er weiss, wovon er spricht: Er führt die Vermögensverwalter-Gruppe Reuss Private und amtet gleichzeitig als Präsident der Allianz Schweizer Vermögensverwalter (ASV), einer Netzwerk-Plattform, der 24 der grössten unabhängigen Vermögensverwalter des Landes angehören.
Wohlgemerkt: Die Zukunft der Finanz-KMU ist keineswegs sorgenfrei. Auf lange Sicht stellen der Generationenwechsel und die Digitalisierung die Existenz in Frage. Und kurzfristig kommen die Akteure durch die neuen Schweizer Finanzrichtlinien Finig und Fidleg gehörig unter Druck. Die Regelwerke fordern, dass die Vermögensverwaltung neu bewilligungspflichtig wird und die Verhaltenspflichten für die Anbieter verschärft werden.
Wie 1990 in Deutschland
«Ich erwarte, dass es nach der Einführung der Finanzrichtlinien Fidleg und Finig zu einer Bereinigung in der Branche kommt, ähnlich wie in den 1990er-Jahren in Deutschland, als das Kreditwesengesetz und Wertpapierhandelsgesetz eingeführt wurde», sagt ASV-Präsident Brem.
Und relativiert im gleichen Atemzug: «Nach der Konsolidierung dürfte es zwar weniger Lizenzen geben, aber mindestens gleich viele Köpfe und verwaltete Vermögen.» Die Wachstumsaussichten für die Unabhängigen, findet er, seien als Ganzes intakt.
Banken haben das Nachsehen
Brem glaubt denn auch nicht, dass den Banken in der Vermögensverwaltung am Ende alles zufällt. «Dass die Banken an dieser Konsolidierung mittun werden, ist wohl eher Wunschdenken vonseiten der Geldhäuser», sagt der Reuss-Private-CEO. Eher rechnet er damit, dass weitere Kundenbetreuer von den Banken zu unabhängigen Vermögensverwaltern wechseln – nicht zuletzt, weil sie so auch unternehmerischer arbeiten können.
Das Votum bestätigt, was auch im Fall Wergen & Partner anklingt: Die Zukunft der unabhängigen Vermögensverwalter mag unsicher sein. Ihr Auftreten ist es keineswegs.