Die Schweiz erhält ein Finanzdienstleistungsgesetz – kommt nun die Konsolidierung?
von
Felix Brem
Der National- und Ständerat haben in der Sommersession 2018 das Finanzdienstleistungsgesetz (Fidleg) verabschiedet. Dieses soll sowohl EU-konform sein wie auch gleichzeitig die Anleger besser schützen. Bei genauerem Hinsehen stellt man aber schnell fest, dass die Zielvorgaben nur sehr bedingt erfüllt werden.
Nachdem der Bundesrat seine Pläne zur Einführung eines Finanzdienstleistungsgesetzes präsentiert hatte, sorgte dies zunächst für kritische Stimmen in der Branche, da das Gesetz vor allem neue Regulierungen bereithielt, die gemäss Kritikern gerade kleinere Unternehmen unter Druck setzten.
Ängste in der Branche
Eine Umfrage, die wir 2016 zusammen mit dem Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) durchgeführt haben, zeigt die Unsicherheit in der Szene. Über 91% der Befragten befürchten eine Konsolidierung der Branche mit den kommenden neuen Regulierungen. Insbesondere die neue staatliche Aufsicht – die mittlerweile ja abgeschwächt wurde – machte Sorgen.
Zusätzlich schienen die Umsetzung der betriebsorganisatorischen Anpassungen und die erhöhten Compliance-Anforderungen die Vermögensverwalter unter Druck zu setzen. Trotzdem wollen rund siebzig Prozent der Vermögensverwalter ihre Selbstständigkeit wahren. Dabei ist interessant, dass die Selbsteinschätzung bezüglich der Auswirkungen der neuen Regulierung unabhängig von der Grösse des Vermögensverwalters ist. Dies widerspricht der gängigen Theorie, dass kleinere Vermögensverwalter am meisten Probleme haben werden.
Ziel erreicht?
Ein Hauptziel von Fidleg und Finig waren die Äquivalenzanerkennung durch die EU, eine notwendige aber leider nicht hinreichende Bedingung, um Zugang zum lukrativen EU-Markt zu erhalten. Eine Äquivalenzanerkennung hätte zur Folge, dass Schweizer Finanzdienstleister künftig ohne Zweigniederlassung in der EU mit professionellen Anlegern zusammenarbeiten können. Nachdem sowohl der National- wie auch der Ständerat in der Schlussabstimmung am 15. Juni 2018 das neue Finanzdienstleistungsgesetz (Fidleg) ohne grosse Widerstände verabschiedet haben, stehen nun jedoch grosse Fragezeichen im Raum, ob das neue Gesetz überhaupt noch äquivalent mit den EU-Vorgaben ist.
Die ursprüngliche Botschaft des Bundesrates entsprach durchaus den Mifid-II-Vorgaben der Europäischen Union. Dass dies bei der nun verabschiedeten Gesetzesvorlage ebenfalls der Fall ist, zweifeln Experten wie der Professor für Finanzmarktrecht der Universität Zürich Rolf Sethe aber auch die Bankenrechtlerin Susan Emmenegger von der Universität Bern an. Denn in einigen Bereichen geht das Schweizer Gesetz viel weniger weit: Eignungsprüfungen werden weggelassen und gewisse Teilbereiche in Gebieten der Product Governance oder Verlustberichten fehlen gänzlich. Auch wenn sich die Rechtsexperten bezüglich der Konformität des Fidleg kritisch zeigen, ist man bei der Bankiervereinigung weiterhin positiv gestimmt, dass das Gesetz den Vorgaben der EU entspricht.
Vielmehr spricht man dort davon, dass es sich nun rein nur noch um einen politischen Entscheid handelt. Ob es dennoch klug war, das Gesetz in so vielen Punkten auszudünnen, wird sich zeigen. Ich persönlich bin der Meinung, dass es ohne weitere Anpassungen zu keiner Äquivalenzanerkennung kommt.
Aufgrund des revidierten Lugano-Abkommens müssen Finanzdienstleister seit 2011 ihre Dienstleistungen gegenüber EU- bzw. Efta-Kunden nach dem geltenden Recht des Wohnsitzstaates des jeweiligen Kunden erbringen, dies aufgrund haftpflichtrechtlicher Überlegungen. Insbesondere auch vor diesem Hintergrund, wäre die eine verpasste Chance.
Denn somit bringen die eingebauten Ausnahmeregelungen keine wirklichen Vorteile für die Schweizer Anbieter. Insbesondere wenn man sich vor Auge führt, dass gemäss den VSV-Statistiken und unserer Umfrage ein Grossteil der Schweizer Vermögensverwalter Kunden aus dem EU-Raum betreuen.
Folgt mit dem Fidleg eine Konsolidierung innerhalb der Branche?
Seit Jahren wird den unabhängigen Vermögensverwaltern von Experten der Untergang prophezeit. Dass dies jedoch nicht eingetroffen ist, belegen auch die Zahlen des Verbands Schweizerischer Vermögensverwalter (VSV).
Dass diese Konsolidierung auch mit der Einführung des Fidleg und des Finig nicht eintreffen wird, kann nur schwer vorausgesagt werden. Ein Anhaltspunkt können jedoch die Finanzmarktvorschriften der EU (Mifid) liefern, welche mit Mifid-II auf anfangs Jahr nochmals revidiert worden sind. Noch gibt es keine verlässlichen Zahlen dazu.
Auf eine Anfrage der FDP im Bundestag antwortete die Bundesregierung jedoch positiv. So hätten nur vereinzelte Finanzinstitute aufgrund der erhöhten regulatorischen Anforderungen das Wertpapiergeschäft eingeschränkt oder komplett beendet. Weiter profitiere die Branche, da der verbesserte Anlegerschutz und die verschärften Sanktionsregelungen das allgemeine Vertrauen in den Finanzplatz erhöhten. Selbstverständlich verteidigt hier der Gesetzgeber auch sein Gesetzesprojekt, weshalb die Stimmen aus der Branche ebenso wichtig sind.
Konsolidierung ist nicht gleich Konsolidierung
So sagt Stefan Lettmeier, Vorstand der Depotbank V-Bank, dass im letzten Jahr siebzehn angebunden Vermögensverwalter ihr Geschäft aufgegeben haben und sich immer mehr Vermögensverwalter einem Haftungsdach anschliessen. Diese Zahlen geben nur erste Hinweise auf eine Konsolidierung. Klarheit werden vertiefte Marktstatistiken in den nächsten Jahren bringen.
In der Diskussion werden jedoch oft verschiedene Formen der Konsolidierung miteinander vermischt. Eine Konsolidierung, bei der sich kleinere Vermögensverwalter z.B. einem Haftungsdach anschliessen, um administrative und regulatorische Aufgaben outzusourcen, hat für den Endkunden wenig Auswirkungen. Ein solches Modell verfolgen wir mit unserem Haftungsdach. Der Vermögensverwalter profitiert von den Economies of Scales, kann aber gleichzeitig seine Unabhängigkeit wahren und der oft befürchtete «Einheitsbrei» in der Vermögensverwaltung wird abgewendet.
Fokus auf Kernkompetenzen immer wichtiger
Doch auch unabhängig von all den anstehenden Änderungen rund um die Einführung des Fidleg und des Finig sowie den Auswirkungen von Mifid-II steht für die unabhängigen Vermögensverwalter müssen sich eine Frage fragen. Welche Angebote möchten sie angesichts der Digitalisierung in Zukunft noch anbieten bzw. wollen sie ihre Tätigkeit verstärkt auf ihre Kernkompetenz, die Beratung, fokussieren? Dieser Frage widme ich mich im nächste Blogbeitrag.